Digitale Währungen der Zentralbanken


12.12.2023 | von Portfolio Management


Eine Finanzrevolution oder ein Schritt zur totalitären Kontrolle der Bevölkerung?

Digitale Zentralbankwährungen (CBDCs) verkörpern die Schnittmenge von Technologie und Geldpolitik. Im Zuge des digitalen Wandels prüfen Zentralbanken weltweit die Einführung von CBDCs, einer staatlich ausgegebenen digitalen Form von Fiatgeld. Diese stellen ein digitales Äquivalent zu Bargeld dar und bieten im Gegensatz zu digitalen Guthaben bei Geschäftsbanken einen direkten Anspruch gegenüber der Zentralbank. Sie sollen mit den traditionellen Banknoten und Münzen koexistieren oder sie zukünftig sogar ersetzen. Nach Angaben des Atlantic Council untersuchen 114 Länder, die über 95% des globalen BIP repräsentieren, derzeit CBDCs oder haben sie bereits testweise eingeführt, wie beispielsweise China, Nigeria und die Bahamas. Im Oktober gab die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zustimmung für die nächsten Schritte zur Schaffung einer digitalen Version des Euro. In diesem Zusammenhang wird die Fertigstellung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Auswahl von Dienstleistern für die Entwicklung einer entsprechenden Plattform und Infrastruktur angestrebt. Die Startphase dieses Vorhabens begann am 1. November 2023 und ist vorerst auf einen Zeitraum von zwei Jahren ausgelegt. Ebenfalls im November gab die Schweizerische Nationalbank (SNB) bekannt, am 1. Dezember 2023 einen Pilotbetrieb mit digitalem Zentralbankgeld für Finanzinstitute (Wholesale CBDC) zu starten. Dabei sollen reale Transaktionen von tokenisierten Anleihen basierend auf einer Distributed-Ledger Platform der SIX Digital Exchange abgewickelt werden.


Der Anstoss der Entwicklung von digitalem Zentralbankengeld ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen: Die rückläufige Verwendung von physischem Bargeld, der Aufstieg privater digitaler Zahlungsplattformen und der wachsende Einfluss von Kryptowährungen wie Bitcoin und Stablecoins. Die Zentralbanken haben den Auftrag, die Geldwertstabilität und das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Finanzsystem zu gewährleisten. In einer Zeit, in der digitale Transaktionen von privaten Unternehmen wie Apple Pay, Google Pay oder Alipay dominiert werden, bieten CBDCs eine staatlich garantierte Alternative. Diese Verlagerung ist von Bedeutung, da sie sicherstellt, dass wesentliche Geldtransaktionen in der Zuständigkeit öffentlicher Institutionen verbleiben und nicht gänzlich in den privaten Sektor verlagert werden.


Es gilt zu Bedenken, dass derjenige welcher die einzelnen Transaktionen abwickelt einige riesige Datenmenge unentgeltlich bekommt und daraus eine immense Menge an Informationen erhält.


CBDCs versprechen, Geldtransaktionen zu vereinfachen und sie dabei schneller und zuverlässiger zu machen. Digitale Währungen sind von Natur aus weniger anfällig für Probleme wie Fälschungen, Verlust, Steuerhinterziehung oder Geldwäscherei im Allgemeinen. Für Zentralbanken ist die Ausgabe von digitalem Geld kosteneffizienter als das Drucken von Bargeld, sofern robuste Cybersicherheitsmassnahmen vorhanden sind. In Entwicklungsländern könnten CBDCs bei der finanziellen Eingliederung eine wichtige Rolle spielen, indem sie die Bevölkerung ohne Bankverbindung in die formelle Wirtschaft integrieren und das Wachstum fördern. Die Programmierbarkeit digitaler Währungen ermöglicht gezielte wirtschaftliche Interventionen, wie etwa das e-CNY-Experiment in Chengdu, China, bei dem Gelder speziell für die Landwirtschaft bereitgestellt wurden. Die CBDCs könnten auch die Umsetzung der Geldpolitik revolutionieren. In einer bargeldlosen Welt wären die Zentralbanken in der Lage, negative Zinssätze durchzusetzen, willkürliche Konditionen oder direkte Steuern bei den Einlagen umzusetzen, da digitale Währungen für diesen Zweck auch programmiert werden können. Diese Fähigkeit erstreckt sich auch auf direkte effiziente fiskalische Interventionen, wie z.B. die rasche Auszahlung von Geldern als Reaktion auf Naturkatastrophen oder Wirtschaftskrisen, mit der Möglichkeit ein Verfallsdatum für die Nutzung der Finanzspritzen festzulegen.


Gäbe es nur noch digitales Zentralbankgeld, so würde die Notenbanken über alle Bürger und Institutionen nahezu allwissend und die Privatsphäre wäre umfassend abgeschafft.


Es liessen sich auch, ohne vorgängigen demokratischen Entscheidungsprozess, Lenkungsmassnahmen von ideologischen Zielen der regierenden Politik lückenlos und schnell durchführen. Zusätzlich wirft die Einführung von CBDCs Bedenken hinsichtlich der Finanzstabilität auf. Die breite Einführung von CBDCs könnte das Bankensystem nachhaltig verändern. Da digitales Geld, gehalten bei der Zentralbank, als sicherer wahrgenommen wird, könnten insbesondere in schwierigen Zeiten die Einlagen des Publikums bei Geschäftsbanken zu den Zentralbanken verlagert werden. Damit würden die Geschäftsbanken in Liquiditätsnot geraten, was die Kreditschöpfung und somit die Stabilität der Finanzmärkte tangiert. Wären alle Einlagen des Publikums bei der Zentralbank, so müssten die Geschäftsbanken mit enormen Summen an Liquidität durch die Zentralbanken versorgt werden, was nicht im Interesse der Bürger sein kann. Dies würde zudem die Zinsmarge der Geschäftsbanken schmälern oder sie müssten die zusätzlichen Zinskosten bei einem Kredit draufschlagen, was die Kreditkosten für alle verteuern würde. Deshalb schlagen einige Experten vor, Obergrenzen für CBDC-Bestände oder Transaktionslimits zu erheben.


Wir mutmassen, dass die Margen gewisser Bankgeschäfte, wie die Abwicklung von Transaktionen mit Kreditkarten, die mit dem neuen Geldsystem konkurrenzieren, geschmälert würden. Die Ausgestaltung von digitalen Notenbankgeld wird anfänglich sehr vielfältig sein und mit der Zeit wird eine Art „Best Practice“ zum Standard werden. Chinas e-CNY-Pilotprojekt ist zwar sehr umfangreich, seine Auswirkungen sind jedoch durch die Verbreitung etablierter digitaler Zahlungssysteme bisher limitiert. Der nigerianische eNaira startete vor einem Jahr, stösst aber bei der Bevölkerung auf wenig Akzeptanz. Die Bevölkerung in Ländern wie Dänemark und Finnland bleiben skeptisch und verweisen auf die Angemessenheit ihrer derzeitigen digitalen Zahlungsinfrastrukturen. Der von den Bahamas editierte digitale Sand Dollar (gekoppelt an den bahamaischen Dollar) kam im Oktober 2020 heraus und wird nun schrittweise in das kommerzielle Bankensystem integriert.


Die Zentralbanken sehen sich mit einem Paradoxon konfrontiert: CBDCs müssen so attraktiv sein, dass sie genutzt werden, aber nicht so sehr, dass sie die traditionellen Banken in Schwierigkeiten bringen und verdrängen. Die meisten CBDCs vermeiden es, mit Bankeinlagen zu konkurrieren, indem sie keine Zinsen anbieten und Nutzungsbeschränkungen auferlegen. Dadurch sind sie eher eine Ergänzung als ein Ersatz für Konten bei Geschäftsbanken. Die CBDCs sollen eine bedeutende Entwicklung in der Welt des Geldes werden und könnten Vorteile in Bezug auf Effizienz, Sicherheit und finanzielle Integration aufweisen. Die potenziellen Nachteile für die Bürger hinsichtlich Datenschutz, staatlich willkürlicher Lenkung und Kontrolle sind gewaltig und komplett unberechenbar. Viele digitale Zentralbankenwährungen werden sich von ihrer technologischen Ausgestaltung und den für sie geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen massgeblich unterscheiden. Die Einführung von digitalem Zentralbankgeld wird sich anfänglich an bestehende demokratische Regeln halten, um das Vertrauen zu erlangen, doch früher oder später droht die gross Gefahr, dass die Regeln aufgeweicht werden und der Missbrauch dominiert. Bargeld würde nach vollständiger Einführung von Digitalgeld vielerorts abgeschafft. In einem nächsten wesentlichen Schritt würde die digitale Konsolidierung aller Vermögenswerte zur kompletten Überwachung und Steuerung folgen. Ist das digitale Zentralbankgeld einmal eingeführt, wird es so schnell nicht wieder verschwinden, selbst wenn später die Willkür offensichtlich wäre. Wird in einem souveränen Land eine neue Regierung gewählt so besteht das Risiko, dass die neue staatliche Exekutive die Leitplanken beim digitalen Geld schlagartig neu regelt. Schon heute glauben nur noch wenige Idealisten an die einseitig erklärte Unabhängigkeit der Notenbanken. 


Die verbreitete Einführung von digitalen Zentralbankwährungen ist wohl nur noch eine Frage der Zeit. Wie stark sich diese digitale Version von physischem Bargeld durchsetzen und akzeptiert wird, steht aber noch in den Sternen. CBDCs bleiben ein Instrument von Zentralbanken und unterscheiden sich deshalb fundamental von Kryptowährungen wie dem Bitcoin oder Stablecoins, die eine Alternative zum Bargeld darstellen. 



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